Ask the Coach #24 – Hohlkreuz beim Training?

Ask the Coach #24 – Hohlkreuz beim Training?

Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier auf Amazon erhältlich.

Frage: Mein Physio meinte, mal sollte auf jeden Fall ein Hohlkreuz immer vermeiden, egal ob beim Kreuzheben, bei Kniebeugen oder beim Bankdrücken. Ich wollte mal deine Meinung dazu wissen. Benjamin E.

WU: Vorweg zur Anatomie der menschlichen Wirbelsäule: Die physiologisch normale Grundposition einer Wirbelsäule umfasst eine sogenannte Doppel-S-Schwingung. Brustwirbelsäule und Steißbein sind nach hinten (dorsal) gekrümmt, Hals- und die Lendenwirbelsäule (LWS) sind nach vorne (ventral) gekrümmt. Die Lendenlordose, ein leichtes Hohlkreuz, ist also unsere natürliche Haltung. Als Hohlkreuz (Hyperlordose) wird ein im Stand deutlich nach vorne gekipptes Becken bezeichnet, welches die Vorwölbung der LWS verstärkt. Meistens sind zu tighte Hüftbeuger sowie schwache und durch tighte Rückenmuskeln gehemmte Bauchmuskeln der Grund dafür. Wenn in dieser Position hohe Kräfte auf die Wirbelsäule wirken, kann es zu einem Verschleiß oder einer Verletzung der Bandscheiben und der weiteren Strukturen des Rückens kommen.

Man sollte jedoch beachten, dass die Bandscheiben im Lendenbereich eine Keilform haben, die nach vorne hin dicker wird. Kann ein Trainierender während einer Kniebeuge oder dem Kreuzheben die natürliche Lendenlordose nicht mehr halten – was meist an zu schwacher Rumpfmuskulatur liegt – rundet er den Rücken, wodurch es zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Gewichtes auf den ventralen Teil der Bandscheiben kommt. Dies ist unter Belastung wesentlich häufiger zu beobachten als ein zu starkes Hohlkreuz. Stelle also bei Kniebeugen und Kreuzheben sicher, dass du immer ein leichtes Hohlkreuz beibehälst, indem du die Brust nach vorne herausdrückst und den Rumpf anspannst.

Den Ratschlag, beim Bankdrücken kein Hohlkreuz zu machen, haben ebenfalls schon viele meiner Kunden von ihrem Physiotherapeuten zu hören bekommen. Ihm liegt eine inkorrekte Bewegungs- und Belastungsvorstellung zugrunde, die ebenfalls auf mangelnde Trainingserfahrung des Physios schließen lässt. Generell gilt, in einem Bereich in den man keine Ahnung und Erfahrung hat, sollte man keine Ratschläge geben.

Wenn man sich auf eine Bank legt und ein Gewicht mit den Armen von der Brust nach oben über die Schultern drückt, herrscht eine komplett andere Belastung der Wirbelsäule, als wenn die Last vertikal von Kopf/ Rücken Richtung Füße wirkt, wie bei der Kniebeuge oder dem Kreuzheben. Stattdessen wirkt beim Bankdrücken die höchste Kraft auf die Brustwirbelsäule. Es gibt aber keine großen Kräfte auf der LWS. Im Gegenteil, kein guter Powerlifter wird den unteren Rücken in die Bank drücken, sondern im Gegenteil sogar aktiv in Hohlkreuz machen, um die Füße besser in den Boden und den oberen Rücken stärker in die Bank drücken zu können und so mehr Stabilität auf der Bank und eine bessere Position des Oberkörpers zu haben. Sowie den Weg der Langhantel von gestreckten Ellbogen bis zur Brust zu verkürzen. Die Kraftübertragung verläuft über die Beine in die Hantel. Somit ist die Füße von der Bank zu nehmen, um den unteren Rücken flach aufliegen zu lassen ebenfalls völliger Unsinn, mit dem man sich als Trainierender in eine schwache und instabile Position begibt, die das Risiko für Verletzungen durch Fallen von der Bank (besonders mit Kurzhanteln) erhöht.

Viel Erfolg beim Training mit der natürlichen Lendenlordose!

Bild: Die Wirbelsäule.

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