Frage: Hi Wolfgang, in deinem Artikel, der die sitzende Beinpresse mit der 45° Beinpresse vergleicht, schreibst du von den Risiken der letzteren für das Herzkreislaufsystem, weil hier die Füße über dem Herz sind. Kannst du das genauer erklären?
WU: Klar, ich gehe gerne auf diese Gefahr, die durch die 45°-Beinpresse entsteht, im Detail ein.
Vorab jedoch eine entscheidende, grundsätzliche Perspektive auf jegliche Form des Trainings und alle Übungen. Jede einzelne bringt Gefahren und Risiken mit sich.
Weil man diese kennt und kommuniziert, wird heute oft mit dem Hinweis auf einen Nocebo sehr negativ bewertet.
Ein Nocebo ist ein Phänomen, bei dem negative Erwartungen oder Überzeugungen einer Person zu tatsächlichen körperlichen oder psychischen Symptomen führen, selbst wenn es keine physische Ursache gibt.
Risiken und Gefahren einer Übung zu verstehen und gegebenenfalls zu kommunizieren, hat sehr wenig mit einem Nocebo zu tun.
Ganz im Gegenteil, es ist entscheidend, um diese Übungen in ihrem grundlegenden Effekt und damit die Vor- und Nachteile dieser Übungen zu verstehen.
Eine entscheidende Basis, um sie noch effektiver in einem individuellen Trainingsprogramm einsetzen zu können.
Nun zurück zur Beinpresse.
Die Position, bei der die Füße über dem Herzen liegen, kann kardiovaskulär riskanter sein als eine Position, bei der die Füße auf Hüfthöhe oder darunter sind, aus folgenden Gründen:
Erhöhter venöser Rückfluss
Schwerkraft und Blutfluss
Wenn die Füße über dem Herzen liegen, hilft die Schwerkraft, das Blut schneller und mit höherem Druck zurück zum Herzen zu pumpen.
Erhöhte Herzbelastung
Ein erhöhter venöser Rückfluss kann das Herz stärker belasten, da es mehr Blut als gewöhnlich pumpen muss.
Bei Personen mit einer beeinträchtigter Herzfunktion kann dies zu einer Überlastung des Herzens führen, da es härter arbeiten muss, um das zusätzliche Blutvolumen zu bewältigen.
Erhöhter Blutdruck im Kopf und Oberkörper
Blutdruckänderungen
Die Lageveränderung der Füße über dem Herzen kann den Blutdruck in den oberen Körperregionen, einschließlich Kopf und Hals, erhöhen.
Potenzielle Risiken
In extremen Fällen kann dies zu Kopfschmerzen, Schwindel oder in seltenen Fällen sogar zu Blutungen in den empfindlichen Blutgefäßen des Gehirns führen, besonders bei Menschen mit vorgeschädigten Gefäßen.
Veränderter Herzschlag und Blutdruckregulation
Baroreflex-Sensitivität
Der Baroreflex ist ein Mechanismus des Körpers, der den Blutdruck reguliert.
Unvorhersehbare Reaktionen
Personen mit gestörter Herz-Kreislauf-Regulation können unvorhersehbare Reaktionen haben, wenn sie sich in einer Position befinden, in der die Füße höher liegen als das Herz.
Erhöhte Belastung für geschwächte oder nicht trainierte Herzen
Kardiovaskuläre Fitness
Menschen mit schlechter kardiovaskulärer Fitness oder bestehenden Herzproblemen könnten Schwierigkeiten haben, die zusätzliche Belastung zu bewältigen, die durch den erhöhten venösen Rückfluss und die veränderten Druckverhältnisse verursacht wird.
Risiko für Herzereignisse
Bei einem bereits geschwächten Herzen könnte dies das Risiko für schwerwiegende Herzereignisse wie Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder in extremen Fällen sogar für einen Herzinfarkt erhöhen.
Fazit
Die Position, in der die Füße über dem Herzen liegen, kann aus kardiovaskulärer Sicht riskanter sein, da sie den venösen Rückfluss erhöht, den Blutdruck in den oberen Körperregionen verändert und das Herz stärker belasten kann.
Dies kann besonders problematisch für Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder einer schwachen Herzfunktion sein.
Personen, deren Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt ist, sollten grundsätzlich während des Trainings die Atemfrequenz sowie den Puls im Auge behalten, da beides wichtige Indikatoren sind.
Ebenfalls ist für diese Personen, deren Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt ist, die 45°-Beinpresse aus den oben genannten Gründen, neben einigen anderen Übungen, grundsätzlich keine sinnvolle Wahl.
Grundsätzlich ist es im Training und beim Programm Design entscheidend, neben den Vorteilen auch die Risiken und Gefahren einer Übung zu verstehen, um diese Übungen noch effektiver und individueller einzusetzen.