Ask the Coach #54 - Warum Kaffee Dich müde machen kann: Die Wissenschaft hinter Koffein, Adenosin und Entzündungen

Ask the Coach #54 - Warum Kaffee Dich müde machen kann: Die Wissenschaft hinter Koffein, Adenosin und Entzündungen

„Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen zu Training & Ernährung beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier erhältlich. 

Frage: Hallo Wolfgang, in letzter Zeit werde ich durch den Kaffee morgens häufiger müde, beginne zu gähnen und mir fehlt danach einfach die Energie. Eigentlich sollte der Kaffee ja genau den anderen Effekt haben und mir Energie geben. Hast Du eine Erklärung dafür, warum ich durch den Kaffee müde werde?

WU: Ja, Kaffee ist bekannt dafür, wach und aufmerksam zu machen.

Dennoch haben schon viele Menschen die Erfahrung gemacht, dass Kaffee sie manchmal müde macht.

Das heisst viele haben schon selbst erfahren das Koffein, der Hauptwirkstoff in Kaffee, diesen paradoxen Effekt haben kann.

Entscheidend dafür ist zu wissen welchen Einfluss von Koffein auf Adenosin und die Adenosinrezeptoren haben und wie man diesen Effekt optimieren kann, um die gewünschten Vorteile von Kaffee zu maximieren.

 

Der Effekt von Koffein

Koffein ist ein Stimulans, das vor allem durch die Blockierung der Adenosinrezeptoren im Gehirn wirkt.

Normalerweise bindet Adenosin an diese Rezeptoren und fördert das Gefühl von Müdigkeit und Schläfrigkeit.

Koffein blockiert diese Rezeptoren und verhindert so, dass Adenosin seine beruhigende Wirkung entfaltet, was zu erhöhter Wachsamkeit führt.

 

Zwei Mechanismen der Koffeinwirkung:

  1. Adenosinrezeptoren-Blockade: Koffein wirkt als ein kompetitiver Antagonist an den Adenosinrezeptoren.
  2. Erhöhte Dopaminfreisetzung: Die Blockade dieser Rezeptoren führt auch zu einer erhöhten Freisetzung von Dopamin, einem Neurotransmitter, der für das Gefühl von Motivation und Wachsamkeit verantwortlich ist​.

 

Adenosin und die Anzahl der Adenosinrezeptoren

Adenosin spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus.

Während des Tages akkumuliert sich Adenosin im Gehirn und fördert das Gefühl der Müdigkeit, was uns auf den Schlaf vorbereitet.

 

Erhöhung der Adenosinrezeptoren:

  1. Chronischer Koffeinkonsum: Bei regelmäßigem Konsum von Koffein passt sich der Körper an, indem er die Anzahl der Adenosinrezeptoren erhöht. Diese Anpassung erfolgt, um die Blockierung durch Koffein zu kompensieren und die Homöostase aufrechtzuerhalten​ 
  2. Schlafmangel: Schlafmangel, insbesondere chronischer Schlafmangel, sprich Menschen die konstant mit dem Wecker aufstehen, kann die Anzahl der Adenosinrezeptoren erhöhen, um das Bedürfnis nach Schlaf zu verstärken. Der Körper versucht, die Schlafschuld durch eine erhöhte Sensibilität gegenüber Adenosin auszugleichen.
  3. Erhöhte Entzündung: Entzündliche Zustände können die Expression von Adenosinrezeptoren im Gehirn erhöhen. Entzündungen, die durch chronischen Stress, Krankheiten oder Verletzungen verursacht werden, führen zur Freisetzung von entzündungsfördernden Molekülen, die die Anzahl der Adenosinrezeptoren beeinflussen können.

 

Warum Koffein Dich müde machen kann

Obwohl Koffein kurzfristig wach macht, kann es unter bestimmten Bedingungen tatsächlich zu erhöhter Müdigkeit führen:

  1. Toleranzentwicklung: Regelmäßiger Koffeinkonsum führt zur Erhöhung der Adenosinrezeptoren. Wenn die Wirkung des Koffeins nachlässt, bindet mehr Adenosin an die vermehrten Rezeptoren, was zu erhöhter Müdigkeit führen kann.
  2. Koffeinentzug: Plötzlicher Verzicht auf Koffein kann Entzugserscheinungen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Reizbarkeit verursachen, da die plötzlich ungebundenen Adenosinrezeptoren nun von Adenosin aktiviert werden.
  3. Beeinträchtigung des Schlafs: Koffein und natürlich auch viele andere Faktoren können den Schlafrhythmus stören. Eine beeinträchtigte Schlafqualität kann zu einem Gefühl der Müdigkeit am nächsten Tag führen, was einen Teufelskreis auslöst, in dem mehr Koffein konsumiert wird, um die Müdigkeit zu bekämpfen​​.
  4. Erhöhte Entzündung: Chronische Entzündungen können die Anzahl der Adenosinrezeptoren erhöhen und somit die Wirkung von Adenosin verstärken. Dies kann dazu führen, dass Du Dich trotz Koffeinkonsum müde fühlst, da mehr Adenosinrezeptoren für Adenosin verfügbar sind, um seine beruhigende Wirkung zu entfalten.

 

Optimierung des Koffeinkonsums

Um die positiven Effekte von Koffein zu maximieren und die negativen zu minimieren, kannst Du folgende Tipps beachten:

  1. Moderater Konsum: Begrenze Deinen Koffeinkonsum auf moderate Mengen von wenigen Tassen, um eine übermäßige Erhöhung der Adenosinrezeptoren zu vermeiden.
  2. Timing: Vermeide Koffein in den späten Nachmittags- und Abendstunden, um Deinen Schlafrhythmus nicht zu stören.
  3. Regelmäßige Pausen: Mache regelmäßig koffeinfreie Tage oder Wochen, um eine Toleranzentwicklung zu vermeiden und Deine Empfindlichkeit gegenüber Koffein zu erhalten.
  4. Ausreichend Schlaf: Sorge für ausreichenden und qualitativ hochwertigen Schlaf, um die natürliche Akkumulation von Adenosin zu regulieren.
  5. Entzündungen reduzieren: Achte auf eine optimale, individualisierte Ernährung, ausreichend Regeneration vom Training, Minimierung von Mikronährstoffdefiziten, uvm., um chronische Entzündungen zu vermeiden. 

 

Und wenn die Müdigkeit verzögert eintritt?

Der unmittelbare Effekt Kaffee wirkt, indem er Adenosin blockiert, ein Molekül im Körper, das für Müdigkeit verantwortlich ist.

Wenn die Wirkung des Koffeins nachlässt, kann der Körper das überschüssige Adenosin oft nicht abbauen, was zu erneuter Müdigkeit führt.

Dies kann einen Teufelskreis auslösen, da mehr Koffein konsumiert wird, um die Müdigkeit zu bekämpfen, wodurch das Adenosin weiterhin nicht abgebaut wird.

Dies resultiert in Tagesmüdigkeit und schlechterem Schlaf in der Nacht.

In einem solchen Fall kann es neben den oben genannten Tipps auch individuell sinnvoll sein, insbesondere am Morgen erst später, ein bis zwei Stunden nach dem Aufstehen, den ersten Kaffee zu trinken.

Das hat teilweise einen sehr positiven Effekt auf die verzögerte Müdigkeit.

 

Fazit

Kaffee kann unter bestimmten Bedingungen müde machen, besonders bei regelmäßigem Konsum, schlechter Schlafqualität und erhöhter Entzündung.

Adenosin und die Anzahl der Adenosinrezeptoren spielt hier eine entscheidende Rolle.

Durch die richtige Anwendung von Koffein und eine bewusste Gestaltung Deiner Schlaf- und Lebensgewohnheiten kannst Du die wachmachenden Effekte von Kaffee genießen und nutzen sowie gleichzeitig die negativen Auswirkungen minimieren.

 

Quellen:

  • Bjorness, T. E., Greene, R. W. Adenosine and Sleep. Current Neuropharmacology. 2009.
  • Huang, Z. L., et al. Adenosine A2A receptors in the regulation of sleep: basic mechanisms and potential therapeutic targets. Annual Review of Pharmacology and Toxicology. 2011.
  • Ribeiro, J. A., Sebastião, A. M. Modulation and metamodulation of synapses by adenosine. Acta Physiologica. 2010.
  • Fredholm, B. B., et al. Actions of caffeine in the brain with special reference to factors that contribute to its widespread use. Pharmacological Reviews. 1999.
  • Chen, J. F., et al. Adenosine A2A receptors and brain injury: therapeutic opportunities and challenges. Nature Reviews Drug Discovery. 2007.
  • Cunha, R. A. Adenosine as a neuromodulator and as a homeostatic regulator in the nervous system: different perspectives in neuroprotection and neurodegeneration. Journal of Neurochemistry. 2001.
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