Ask the Coach #55 - Muskelaktivierung in der Kniebeuge: Warum volle Kniebeugen entscheidend sind

Ask the Coach #55 - Muskelaktivierung in der Kniebeuge: Warum volle Kniebeugen entscheidend sind

Frage: Gestern hattest du einen Post bezüglich vollen Bewegungsradius auf Instagram gemacht und in den Kommentaren gab es einen Austausch zum Thema Muskelaktivierung des Vastus medialis und Vastus lateralis in den verschiedenen Winkeln der Kniebeuge. Ein Kommentar hat eine Studie zitiert, die besagt, dass es keine Unterschiede zwischen der vollen Kniebeuge und der Teil-Kniebeuge gibt. Du hast kurz geantwortet und basierend auf der Trainingsleistung den Bewegungsradius in Frage gestellt. Das hat für mich Sinn gemacht, und ich verstehe auch, dass ein Instagram-Kommentarfeld keine optimale Plattform für eine ausführliche Diskussion ist. Deshalb kannst du dieses Thema vielleicht in deine Ask the Coach-Kolumne aufnehmen, denn es würde auch mich als Trainer deutlich weiterbringen. Vielen lieben Dank!

Antwort: Ja, du hast vollkommen recht, dass ein Instagram-Kommentarfeld keine optimale Basis für eine fachliche Diskussion ist. Deshalb auch meine Antwort in Kürze und mit viel konstruktiver Hoffnung. 

Das Video ist ein Seminarauschnitt von einem Modul der YPSI Trainer Lizenz und es ging darum, dass das Training eines Teilbereiches eines Gelenks zu einer Instabilität führt. 

Im Video gab es zwei Beispiele: 

Einmal die Fähigkeit, die Arme über den Kopf zu strecken, und zum anderen die volle Kniebeuge.

Meine Aussage war, dass eine halbe Kniebeuge schlechter für das Knie ist als gar keine Kniebeuge, basierend auf der Tatsache, dass wenn man ein Gelenk über einen Teil des Bewegungsradius progressiv trainiert und somit in diesem Teilbereich mehr Kräfte entwickeln und absorbieren kann, was am Ende des Tages progressives Training voraussetzt, dann entsteht eine Dysbalance innerhalb des kompletten Bewegungsradius des Gelenks, was mit einer Instabilität gleichzusetzen ist. 

Ein Teil des Beispiels bezog sich dann auf die Balance zwischen Vastus medialis und Vastus lateralis, den beiden primären Anteilen des Quadrizeps.

 

Verweis auf Studien zur Muskelaktivierung 

Mein Verweis war dann auf zwei Studien, die zeigen, dass die Muskelaktivierung in verschiedenen Winkeln des Knies unterschiedlich ausfällt. 

Mit Absicht habe ich hier keine Studie direkt zum Thema Kniebeugen verwendet. Auch wenn diese mir natürlich bekannt sind, sind die Limitierungen dieser zu groß.

Limitierungen, auf die ich gleich noch im Detail eingehe.

Ein Kommentar hat dann eine Studie zitiert, die basierend auf ihrem Titel "Muscle Activation Differs Between Partial and Full Back Squat Exercise With External Load Equated" Unterschiede in der Muskelrekrutierung untersucht hat. 

In einem folgende Kommentar wurde dieser einzelne Satz der Studie zitiert: „The present results showed that muscle activation of the VM and VL did not differ between partial and full back squat condition."

Das heisst, dass es keinen Unterschied gab zwischen der Rekrutierung von Vastus medialis (VM) und Vastus lateralis (VL) im Vergleich zwischen der vollen Kniebeuge und der Teil-Kniebeuge.

Im ersten Moment scheint es exakt das Gegenteil meiner Aussage zu sein.

Jedoch eben nur im ersten Moment.

 

Meine Kritik an der zitierten Studie 

Die Antwort war, dass diese Studie bekannt ist, jedoch dieses Zitat irrelevant ist, da es aus dem Kontext gerissen wurde. 

Zum einen war die Aufgabe der Studien, die als Antwort gepostet wurde, zu zeigen, dass unterschiedliche Winkel unterschiedliche Muskelanteile aktivieren, etwas, das auch diese Studie oben klar bestätigt hat. 

Somit bestätigte die Studie die grundsätzliche Aussage, das das Training unterschiedlicher Winkel einen Effekt auf die Muskelaktivierung hat.

Auch wenn der zitierte Teil im ersten Moment Sinn macht, gibt es hier eine Reihe von Faktoren, die dafür sorgen, dass diese Aussage lückenhaft und sogar falsch ist. 

Der erste Faktor ist der, der auch in der ersten Antwort genannt wurde, nämlich die Probanden. 

Zum einen sind es nur 15 „trainierte" Männer, was eine sehr kleine Studiengruppe ist, was jedoch nicht der relevante Punkt ist. 

Der relevanter Punkt war, dass das durchschnittliche Körpergewicht 80 Kilo ist und dass das durchschnittliche Gewicht bei der vollen Kniebeuge 71 Kilo und das durchschnittliche Gewicht bei der Teil-Kniebeuge 92 Kilo war. 

Die Studie gibt zwar an das diese Männer eine Trainingserfahrung von im Schnitt 5 Jahren. 

In Anbetracht der Trainingsleistung, dem wichtigsten Faktor für Trainingsalter lässt die Definition von 5 Jahren Trainingserfahrung klar Fragen offen.

Ebenfalls hat die Studie den Teilnehmern die Kadenz der Bewegung, also das Tempo, offen gelassen, was grundsätzlich für eine relativ kurze Zeit unter Spannung und eine höhere ballistische Komponente am Umkehrpunkt, also einen bounce, spricht. 

Ein Punkt, der die weniger eindrucksvolle Trainingsleistung in Anbetracht der vermeintlichen Trainingserfahrung relativiert.

Das die Teilnehmer im Schnitt 173 cm groß sind, was eine solche Leistung weiter relativiert, da je kleiner jemand ist, desto kürzer der absolute Weg bei der Kniebeuge und desto höher die Relativkraft. 

Letzteres ist einfach über die Weltrekorde im Powerlifting nachzurechnen. 

Um Ende basierend auf grundlegender Mechanik vollkommen logisch.

Das alles führt zu dem Punkt, das eine sehr mäßige Leistung in Der Kniebeuge ganz klar darauf schließen lässt, dass die Teilnehmer dieser Studiengruppe keine relevante Erfahrung in der Ausführung der Kniebeuge hatten, was automatisch zu dem wichtigen Punkt führt, den ich in erster Linie machen will.

Dieser ist, die Tiefe dieser "vollen Kniebeuge" der Studie und damit die Grundlage für die Relevanz des Zitats in Frage zu stellen.

 

Reale Erfahrungen von Trainern und Physiotherapeuten 

Jeder Trainer und Physiotherapeut mit etwas Erfahrung weiß, dass die absolute Minderheit im Stande ist, ohne progressives, strukturiertes Training der Kniebeuge überhaupt in eine volle Kniebeuge zu kommen. 

Somit macht es wenig Sinn, eine Studie zum Thema tiefe Kniebeuge mit einer kleinen Studiengruppe, die ein solch niedriges Trainingsniveau hat, durchzuführen, da statistisch diese Studiengruppe gar nicht im Stande war, eine tiefe Kniebeuge auszuführen.

 

Trainingserfahrung und Muskelaktivierung

Unabhängig davon spielt natürlich Trainingserfahrung und Trainingsleistung eine große Rolle bei der optimalen Muskelaktivierung. 

Grundsätzlich gilt, je untrainierter jemand ist, desto geringer ist die Fähigkeit, einen signifikanten Prozentsatz der Muskelfasern tatsächlich zu rekrutieren. 

Ebenfalls gilt, je schneller das Tempo desto größer die ballistische, elastische Komponente, welche primär auf der Elastizität der Faszie und nicht auf muskulärer Kontraktion beruht.

Der Faktor Aktivierung muss insbesondere im Kontext gesehen werden, dass eine Muskelgruppe wie der Vastus medialis von den wenigsten Menschen überhaupt effektiv rekrutiert werden kann.

Dieser Muskel wird im Alltag der meisten Menschen selten genutzt, da die alltäglichen Bewegungen primär die Aktivierung der Kniestrecker zwischen 30° und 100° der Kniebeugung involvieren.

Die tiefste Beugung ist meist eine hüftdominante Kniebeuge und involviert das Sitzen auf einem Stuhl oder ähnlichem. 

Eine tiefe Beugung kommt für die Meisten im Alltag nicht vor und ebenfalls überlasten die allerwenigsten die Kniestreckung in den obersten 15° in ihrem Alltag.

Je weniger wir einen Muskel rekrutieren, desto geringer unsere grundsätzliche Fähigkeit diesen zu rekrutieren.

 

Wichtige Winkel der Muskelrekrutierung 

Basierend auf EMG-Analysen sind jedoch dies die wichtigsten Winkel beziehungsweise die Winkel, in denen der Vastus Medialis am meisten rekrutiert wird: 

1. In den untersten 30° der Kniebeugung

2. In den obersten 15° der Kniestreckung

Beides sind Winkelbereiche, die bei der vorgegeben Übungsausführung der Kniebeuge der Studie gar nicht abgedeckt werden. 

Ebenfalls sind beides Winkel, die im Alltag der meisten Menschen selten rekrutiert werden und damit grundsätzlich die Fähigkeit, den Vastus medialis zu aktivieren und zu rekrutieren, einschränken.

Und im Umkehrschluss ein Grund warum volle Kniebeugen so entscheidend sind.

Zur Rekrutierung der involvierten Muskulatur über den vollen Bewegungsradius und der damit eingehenden Balance der Kraftentwicklung einer Gelenks.

Die entscheidende Basis der Stabilität eines Gelenks.

Das Erlernen der vollen Kniebeuge ist auch ein zentrales Element meines Buchs "Die perfekte Kniebeuge".

 

Notwendigkeit einer geeigneten Studiengruppe 

Dementsprechend ist für eine relevante Studie zu diesem Thema notwendig, eine Probandengruppe zu haben, die tatsächlich im Stande ist, die volle Kniebeuge auszuführen, um differenzieren zu können, in welchem Winkel der Bewegung welche Muskulatur aktiviert wird. 

Dieses geringe Leistungsniveau basierend auf den Trainingsgewichten in Relation zum Körpergewicht ist ein sehr offensichtlicher Punkt, der die Gültigkeit einer solchen Aussage klar infrage stellt.

 

Definition einer tiefen Kniebeuge 

Ein zweiter wichtiger Punkt, der hier relevant ist, ist die Definition einer tiefen Kniebeuge. 

Er ist sogar im Kontext der bisherigen beiden Punkte, der tatsächlichen Tiefe der Kniebeuge gepaart mit dem Leistungsniveau sowie den relevanten Winkel zu Rekrutierung des Vastus medialis, der wichtigste Punkt, der die Validität dieser Studie klärt.

Die genannte Studie definiert die Teil-Kniebeuge als Beugung bis zum 90° Kniewinkel sowie die volle Kniebeuge als Beugung bis zu einem Kniewinkel von 140°.

 

Forderende Standards bei der Übungsausführung 

Dies ist natürlich offensichtlich eine Definition einer vollen Kniebeuge, die infrage gestellt werden muss. Den 140° ist weit entfernt von einer vollen Beugung.

Unabhängig von der Definition kann sicherlich jeder Sportwissenschaftler beziehungsweise jeder Student der Sportwissenschaften, der schon mal Studien durchgeführt hat, bestätigen, dass eine der limitierenden Faktoren, wenn es um Studien zu bestimmten Übungen geht, die Definition und Kontrolle einer bestimmten Ausführung der Übung ist. 

Auch wenn im Intro der Studie ein Elektrogoniometer erwähnt wird.

Das bedeutet, die wichtige Frage ist wie konstant diese 90° und diese 140° eingehalten wurden. Was sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wurden, denn bei den Übungen in Studien werden hier oftmals ein Auge oder gar zwei Augen zugedrückt.

Auch das werden Sportwissenschaftler beziehungsweise jeder Student der Sportwissenschaften, der schon mal Studien durchgeführt hat, bestätigen können. 

Aus eigner Erfahrung oder geteilter Erfahrung anderer.

 

Relevante Tiefen der Kniebeuge 

Wenn wir uns eine Kniebeuge aus Sicht der Quadrizeps-Rekrutierung anschauen, dann involviert diese grundsätzlich einen Vorschub des Knies. 

Das bedeutet, dass ein Kniewinkel von 90° ist ein Teil-Kniebeuge ist, jedoch keine halbe Kniebeuge sondern mehr eine Viertel-Kniebeuge. 

Ein einfacher Praxistest bestätigt dies jedem.

Nur bei einer Kniebeuge bei der der Unterschenkel vertikal bleibt, entspricht ein 90° Winkel einem parallelen Oberschenkel.

Was jedoch automatisch jegliche Relevanz für die Rekrutierung des Quadrizeps kostet, da dieser einen Knievorschub voraussetzt.

Eine Kniebeuge bis Oberschenkel parallel entspricht damit etwa einer Beugung von 120-130° im Kniegelenk. 

Das bedeutet, eine Beugung von 140° entspricht nicht einer vollen Kniebeuge, sondern ist eine Kniebeuge bis leicht unterhalb von parallel.

 

Was ist eine volle Kniebeuge?

Eine volle Kniebeuge ist nicht eine Kniebeuge bis der Oberschenkel leicht unterhalb der parallelen ist.

Eine volle Kniebeuge involviert die volle Beugung des Knies, bis der hintere Oberschenkel die Waden vollständig bedeckt und das Gesäß kurz oberhalb der Ferse ist.

 

Vollständige Kniebeuge und Muskelrekrutierung 

Wir sprechen damit bei einer vollen Kniebeuge, grundsätzlich und aus Sicht der Quadrizeps Rekrutierung, von einer Beugung des Knies von 160-170°, je nach Hypertrophie des Oberschenkels.

Insbesondere im Kontext dessen, dass in diesem unteren 30° der Kniebeugung der Vastus medialis vermehrt rekrutiert wird, ist eine Kniebeuge bis 140° grundsätzlich keine relevante Tiefe, um zu bestimmen, wie sich die Rekrutierung zwischen Vastus medialis und Vastus lateralis verändert. 

Das ist ähnlich wie wenn ich eine Abgasmessung bei einem Auto durchzuführen ohne den Motor anzumachen.

Logisch das man hier nichts misst.

Selbst wir natürlich davon ausgehen, dass tatsächlich diese Tiefe von 140° der Beugung in der Studie bei jeder Wiederholung eingehalten wurde, was in der Praxis sehr unwahrscheinlich ist, ist diese Tiefe um die Aktivität des Kniestreckers bei der Kniestreckung über einen vollen Bewegungsradius, also 160° bis 170° bis 0° nicht gegeben.

Damit ist das ursprünglich Zitat „The present results showed that muscle activation of the VM and VL did not differ between partial and full back squat condition" im Kontext der Parameter dieser Studie in Bezug auf das Video und der grundlegende Aussage zum vollen Bewegungsradius nicht relevant und sogar irreführend.

Es war ein Zitat das im ersten Moment Sinn gemacht, jedoch bei näherer Betrachtung keine Gültigkeit hat.

 

Selektives Zitieren von Studien 

Dies ist ein sehr gutes Beispiel dafür, warum das selektive Zitieren von Studien, ohne die Studie im Detail zu betrachten, grundsätzlich wenig Sinn macht. 

Und es ist ebenfalls ein Spiegelbild der Sinnlosigkeit der Science-Based-Bewegung auf Social Media, bei der zu häufig Kompetenz vorgetäuscht wird, anstatt sich auf den Aufbau von Kompetenz, basierend auf der Anwendung von theoretischem Wissen in der Praxis zu fokussieren und somit über Erfolge und  Erfahrung tatsächliche Kompetenz aufzubauen.

Ein weiteres Beispiel zum Thema der selektiven Studien-Zitate findest Du hier in diesem Artikel zum Thema Faserverteilung des Trizeps.

 

Die Variante der Kniebeuge

Grundsätzlich unterscheide ich zwischen einem hüft-dominanten Power Squat und einem mehr knie-dominanteren Olympischen Kniebeugen. 

Eine kurze Übersicht der Unterschiede hier.

Letzteres ist ein Synonym für die Kniebeuge jedes Mal wenn ich von Kniebeugen sprechen. 

Die vorgegebene Tiefe der Studie, Erfahrungswerte und auch die hohe Aktivierung des Gluteus maximus in der Daten der Studien lassen zudem vermuten das die Teilnehmer der Studie den hüft-dominanten Power Squat ausgeführt haben. 

Was weitere die Relevanz der Daten für den Quadrizeps, dem Kniestrecker, in Frage stellt.

Dies jedoch nur am Rande. 

 

Probleme in der Sportwissenschaft 

Grundsätzlich ist die Wissenschaft im Bereich der Sportwissenschaften in vielerlei Hinsicht massiv eingeschränkt. 

Sicherlich eines der Felder mit den höchsten Einschränkungen ist die Periodisierung, sprich die längerfristige Planung des Trainings, wobei die Studien meist nur 12-16 Wochen umfassen, was natürlich keinerlei relevante Länge ist, um die Auswirkungen von verschiedenen Modellen der Periodisierung gültig zu betrachten. 

Längere Studien in diesem Bereich sind aber grundsätzlich kaum umsetzbar, da es schwierig bis unmöglich wird, das Training einer relevanten Zielgruppe über einen längeren Zeitraum so zu kontrollieren, dass es eine relevante Aussage für eine Studie bringt.

 

Herausforderungen bei Studien zur Kniebeuge 

Darüber hinaus ist natürlich ein wichtiger Faktor, der auch in dieser Studie relevant war, eine Studiengruppe zu finden, die ein relevantes Trainingsniveau hat. 

Wenn ich eine Studie zum Thema Kniebeugen mache und die durchschnittliche Kniebeugenleistung einer Anführungszeichen untenvollen“ Kniebeuge, sprich einer Kniebeuge mit einer Kniebeugung von 120-140°, unterhalb des Körpergewichts der jungen Männer liegt, dann ist definitiv das Kraftniveau so gering, dass die Relevanz klar angezweifelt werden kann.

 

Kontrolle der Übungsausführung 

Und ein weiterer Faktor, der das Erstellen von Studien erschwert, insbesondere wenn es um Muskelaktivierung im Sport geht, ist, dass die Übungsausführung kontrolliert werden muss. 

In einem Dialog mit Professor Dr. Dr. Dietmar Schmidtbleicher an einem seiner Seminare im YPSI in Stuttgart kam die Frage eines der Teilnehmer auf, ob er auch das Tempo, wie in diesem Artikel beschrieben, für seine Studien verwendet. 

Seine klare Aussage war: Nein. 

Was im Kontext der Erstellung einer Studie Sinn macht, denn wenn ein Tempo Teil der Studie ist, ist es natürlich zwingend notwendig, dieses Tempo zu kontrollieren. 

Was natürlich vor allem bei einer entsprechend hohen Studiengruppe und der entsprechenden gesamten Trainingszeit und dementsprechend der Notwendigkeit von Personal, die dieses Tempo tatsächlich kontrolliert, quasi in der Praxis fast nicht umsetzbar ist. 

Die Selbstkontrolle des Tempos ist etwas, das jeder, der Erfahrung in der Praxis hat, weiß: Trainierende setzen dies meist nicht in relevantem Maße um.

 

Fazit 

Das bedeutet zusammenfassend, auch wenn das Zitat, dass es keine Unterschiede zwischen der Rekrutierung von Vastus medialis und Vastus lateralis gibt, im ersten Moment sinnvoll erscheint, ist es jedoch im Kontext der gesamten Studie ein selektives Zitat, das keine Wertigkeit hat, zum einen aufgrund des verwendeten Teilbereich der Kniestreckung durch eine „halbe“ Kniebeuge und zum anderen auch aufgrund der offensichtlich mangelhaften Definition einer Teil-Kniebeuge und einer vollen Kniebeuge.

Solche Szenarien gibt es leider im Bereich der Sportwissenschaften viel zu häufig. 

Das ist kein Vorwurf an die Sportwissenschaften, deren Limitierung jedem der sich mit Sportwissenschaft und Wissenschaft im Allgemeinem in der Tiefe auseinandergesetzt hat, bewusst ist. 

Es ist ein wichtiger Hinweis an alle, die sich Sportwissenschaften zunutze machen wollen.

Ebenfalls müssen solche Studien in ihrer vollen Länge und ihrem Detail gelesen und überdacht werden, anstatt selektiv Einzelaspekte zu zitieren, die weder gültig noch zielführend sind.

Andernfalls steht dies dem tatsächlichen Fortschritt in der Praxis im Weg, und um diesen tatsächlichen Fortschritt geht es am Ende des Tages jedem Trainer, jedem Physiotherapeuten und jedem Trainierenden.

 

„Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen zu Training & Ernährung beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier erhältlich. 

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