In meinem ersten Buch „Dein bestes Training“ ist der Tipp „Iss glutenfrei“ vertreten.
Das ist ein praktischer Tipp, der einfach umzusetzen ist und der für sehr viele Menschen unmittelbare positive Effekte hat. Die Theorie und die Hintergründe dafür sind jedoch etwas komplexer.
Gluten (aus lat. Glūten = „Leim“) ist ein in den Samen vieler Getreidearten vorkommendes Klebereiweiß. Wenn Getreidemehl mit Wasser vermischt wird, bildet das Gluten aus dem Mehl eine gummiartige und elastische Masse – den Teig. Durch diese Eigenschaft hat das Gluten eine entscheidende Bedeutung für die Backeigenschaften des Mehls. Nur mit glutenhaltigem Mehl können klassische Brötchen und Brotlaibe gebacken werden. Ohne das Gluten könnte der Teig seine gewölbte Form nicht stabilisieren und man könnte nur Fladenbrot daraus herstellen. Der Gehalt an Gluten im Mehl heutzutage ist, bedingt durch Zuchtmethoden des Getreides, die den Ertrag steigern und das Backen vereinfachen, beim industriellen Brotbacken um ein vielfaches höher als vor 50 Jahren. Ein Bissen Brot hatte vor 50 Jahren also so viel weniger Gluten wie ein Bissen Brotheute. Doch nicht nur Brot und Brötchen enthalten Gluten.
Glutenhaltige Nahrungsmittel
Jede nicht ausdrücklich als glutenfrei gekennzeichnete Art von Pasta, Pizza, Backwaren wie Kuchen, Muffins, Donuts, Kekse, Bretzeln enthalten Gluten. Frühstückscerealien wie Müsli oder ähnliche Produkte beinhalten oftmals glutenhaltiges Getreide. Nicht zu vergessen Bier, welches zumindest nach dem deutschen Reinheitsgebot u.a. aus Gerste oder Weizen hergestellt wird. Gluten versteckt sich außerdem häufig in bestimmten Milchprodukten, industriell verarbeiteten Fleischwaren, Erdnussbutter, Marinaden und Soßen, Energieriegeln/Proteinriegeln, Käse, frittierten Speisen, veganen Fleischersatzprodukten, manchen Eissorten, Getränken wie Instant-Kaffe oder Malzbier und vielem mehr.
Das Meiste davon hat in einer optimalen Ernährung ohnehin keinen dauerhaften Platz. Doch selbst als einmal wöchentliche Mahlzeit zur freien Verfügung sollte man nur zu sich nehmen, was man auch ohne Probleme verträgt. Das klingt auf den ersten Blick so, als dürfe man nichts mehr essen. Es gibt jedoch eine Menge besserer und ebenfalls schmackhafter Alternativen. Und nicht alles muss vermieden werden, wie im weiteren Verlauf des Artikels erläutert wird. Des Weiteren ist es ohnehin abhängig von deiner individuellen Kohlenhydrattoleranz, wie oft du Kohlenhydrate für eine optimale Körperkomposition und ein hohes Energielevel konsumieren solltest. Diese lässt sich ganz einfach bei einer YPSI Hautfaltenmessung & -Analyse durch einen zertifizierten YPSI Trainer in deiner Nähe ermitteln.
Welche Probleme macht Gluten und warum macht es sie?
Gluten ist ein Stoffgemisch aus zwei Arten von Reserveproteinen (Speicherproteine im Samen, Wurzel- und Sprossknollen) aus zwei verschiedenen Gruppen, den Prolaminen und den Glutelinen, die jedes Getreide enthält. Prolamine sind in Alkohol löslich, wogegen Gluteline im Alkalischen Bereich löslich sind. Gluten ist jedoch nicht gleich Gluten. Nachfolgend die Zusammensetzung des Glutens in unterschiedlichen Getreidesorten:
Weizen enthält Gliadin (Gruppe der Prolamine) und Glutenin (Gruppe der Gluteline),
Roggen enthält Secalin und Secalinin
Gerste enthält Hordein und Hordenin
Hafer enthält Avenalin und Avenin
Die Prolamine werden hauptsächlich für die Symptome der Krankheit Zöliakie verantwortlich gemacht, einer Glutenunverträglichkeit, die in einer chronischen Entzündung der Schleimhaut des Dünndarms resultiert. Somit werden Nährstoffe schlechter aufgenommen und verbleiben größtenteils unverdaut im Darm. Jedoch geht man heute davon aus, dass auch die Gluteline Probleme verursachen können und daher gemieden werden sollten.
Allerdings hat nur eine von neun Personen mit Glutenunverträglichkeit wirklich Zöliakie und ob Getreide vertragen werden kann, hat selbst bei Zöliakie auch mit der Zubereitungsmethode zu tun. So vertragen 8 von 10 Menschen mit Zöliakie beispielsweise ein aus Sauerteig gebackenes Brot ohne akute spürbare Symptome. Das liegt daran, dass die Lektine (pflanzeneigenes Abwehrproteine/Fraßschutzgifte) durch die Fermentation, Einweichen und lange Teigführung verändert werden. Da der Gluten-Bestandteil Gliadin im Weizen ein Lektin ist, kann es die Durchlässigkeit der Darmbarriere erhöhen. Der Darm würde quasi undicht, etwas das als Leaky Gut Syndrom (dt. durchlässiger Darm) bezeichnet wird. Toxine, Bakterien, unverdaute Nährstoffe und Stoffwechselprodukte gelangen über die beschädigte Darmschleimhaut direkt in den Organismus und können Beschwerden unterschiedlichster Art hervorrufen. Viele Texte beziehen sich allein auf das Weizen-Prolamin Gliadin als Übeltäter, es wird jedoch zeitgleich auch vor Roggen und Gerste gewarnt.
Gluten ist nicht gleich Gluten
Hafer enthält ebenfalls Gluten. Jedoch nicht die Form von Gluten, die den meisten Leuten Probleme bereitet. Die Prolaminfraktion von Hafer beispielsweise unterscheidet sich in ihrer Aminosäuresequenz von denen anderer Getreidegattungen und scheint nicht im gleichen Maße schädlich zu sein. Hafer wird allerdings im deutschsprachigen Raum noch nicht zur glutenfreien Ernährung empfohlen, da eine Verunreinigung durch glutenhaltiges Getreide – die sogenannte Cross-Kontamination – nicht ausgeschlossen werden kann. Es sei denn man kauft als spezifisch glutenfrei deklarierte Haferflocken im Reformhaus. Für ein vielfaches des Preises von normalen Haferflocken. Wissenschaftler, die es ganz genau nehmen, könnten sagen, Hafer sei technisch gesehen glutenhaltig. Praktisch betrachtet ist er es jedoch nicht. Die Deutsche Zöliakaie-Gesellschaft hält ihn bei vorsichtiger Einführung in die Ernährung für einen möglichen Teil einer glutenfreien Diät. Ein Bäcker würden ihn wohl kaum zur Gruppe glutenhaltiger Getreide aus handwerklicher Sicht zählen, da der Hafer nicht die entsprechenden Backeigenschaften aufweist. Allerdings sollten Haferflocken (und auch Bohnen, Erbsen und Linsen) vor dem Verzehr immer eingeweicht werden, um die enthaltenen Lektine unschädlich zu machen. Dies passiert z.B. bei Porridge oder Oatmeal (eng. Haferbrei).
Wie sensitiv reagierst du auf Gluten?
Letztendlich ist nicht so wichtig warum jemand Gluten nicht verträgt, sondern welche Nahrungsmittel derjenige zu sich nehmen kann und welche er meiden sollte.
Wenn du nicht bereits weißt, ob du Gluten verträgst, ist dies hier ein einfacher Test, um deine Sensitivität auf Gluten zu testen: Iss eine Woche lang nichts was Gluten enthält. Iss daraufhin maximal einen Tag lang ausschließlich glutenhaltige Speisen – spüre den Unterschied. Treten nach dem Verzehr oder am nächsten Tag Magenkrämpfe, Hautrötungen oder Unreinheiten, Blähungen, Durchfall, Gehirnnebel, Müdigkeit o.ä. auf – kurz: fühlst du dich schlechter nach als vor dem Verzehr der entsprechenden Produkte, brich den Test gegebenenfalls ab und eliminiere diese Produkte anschließend aus deiner Ernährung.
Es gibt genügend glutenfreie alternative Kohlenhydratquellen wie Quinoa, Amaranth, Reis oder Haferflocken und sogar glutenfreie Mehle, z.B. aus Buchweizenmehl (trotz des Begriffes „Weizen“ ist es glutenfrei), zum Backen.
Den gleichen Test kannst du übrigens auch mit Sauerteig oder Dinkelprodukten machen. Es ist der einfache, billigste und zuverlässigste Indikator, um eine akute oder auch dauerhafte Unverträglichkeit zu bestimmten.
Fazit: Gluten ist nicht gleich Gluten. Weizen in seiner heutigen Form ist das größte Problem für viele Menschen. Lektine können durch spezielle Behandlung unwirksamer gemacht werden. Deine Kohlenhydratzufuhr sollte sich auf Quellen beschränken die du verträgst. Die Menge sollte sich nach deinem Aktivitätslevel, deinem aktuellem Körperfettanteil und deiner Muskelmasse sowie deiner genetischen Kohlenhydrattoleranz richten. Die YPSI Hautfaltenmessung & -Analyse gibt am besten Aufschluss über die letzten drei Punkte.
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Viel Erfolg mit der Bestimmung deiner Glutensensivität!
Bild: Glutenhaltige Frühstückscerealien.